Katastrophenschutz

Was ist nach einer Katastrophe zu tun?

Zunächst müssen Verletzte versorgt, Schäden schnell repariert werden Das Erste ist natürlich die Suche nach Verschütteten, dann die Uäumung von Schutt aus den Verkehrsadern. Danach kommt die Wiederherstellung der städtischen Dienstleistungen, die Rückholung der Evakuierten und deren Unterbringung. Ein Beispiel für die enorme Herausforderung allein bei diesen Punkten mag das Schadbeben von Kobe am 17. Januar 1995 geben. Sechs Wochen danach waren dort noch 415 000 Haushalte ohne Gasversorgung, 92 000 ohne fließendes Wasser und fast 190 000 Menschen in Notunterkünften, in Zelten oder Schulen untergebracht. Schliesslich folgt die Wiederherstellung oder gar die Verbesserung des Zustandes vor der Katastrophe.
All dies muss in großen Zügen schon vorher überlegt worden sein, selbst die Reaktion auf Hilfe, die in aller Regel auch sofort von außen kommt. Wie soll man in dem zu erwartenden Durcheinander die aus aller Welt angebotenen Helfer, wie die mannigfachen Hilfsgüter, wie das Geld sinnvoll einsetzen? Was geschieht vor allem mit verderblichen Sachen? Die Erfahrung hat gezeigt, daß nach den ersten Solidaritätsbekundungen die Wellen der Hilfeleistungen bald abebben, gerade dann, wenn der Wiederaufbau in Gang kommt und man Hilfe besonders nötig hätte.

Schliesslich stellt sich eine Fülle von soziologischen Fragen. Wie reagiert etwa die Bevölkerung auf die Wiederaufbaupläne? Interessante einschlägige Studien wurden nach dem Starkbeben von Friaul im Jahr 1976 erstellt. Die dortige Bevölkerung hielt zum Beispiel am traditionellen Steinbau fest und lehnte die bebensichereren Holzkonstruktionen ab, weil sie nicht in einer »Barac-copolis« leben wollte.

Allein die versicherten Schäden durch den Katastrophenschutz stiegen weltweit zwischen den sechziger und den achtziger Jahren auf fast das Fünffache an. Warum ist dies so – und wird das so weitergehen? Es gibt die verschiedensten Gründe für diese Steigerung.
An erster Stelle steht die allgemeine Zunahme der Bevölkerungszahl auf der Welt und darüber hinaus der Trend zur Agglomeration, der Zug in die Ballungsgebiete. Nach verschiedenen Projektionen wird die Weltbevölkerung im Jahr 2000 auf rund sechs Milliarden und im Jahr 2050 gar auf zehn Milliarden anwachsen. Dadurch wird allenfalls die relative Zahl an Opfern abnehmen. Man vergegenwärtige sich, daß das Shensi-Beben von 1556 angeblich 830 000 Menschen hinwegraffte. Das war damals etwa ein Sechstel der Menschheit von fast 500 Millionen!

Um Raum für die Bevölkerung zu schaffen, wird der Druck, neues Gelände zu bebauen und zu nutzen, immer größer. Früher gemiedene rutsch- oder lawinengefährdete Talauen werden im Vertrauen auf die Technik zunehmend, und jeden Quadratmeter ausnützend, in Anspruch genommen. Jede Konzentrierung birgt aber neben manchen Vorteilen auch Gefahren, denken wir bei der Energie nur an Hochspannungsleitungen mit Zubehör oder gar an Kernkraftwerke. Potenziert werden diese Gefahren bei Erdbeben, besonders

Die Vorschriften werden heutzutage laufend modernisiert, hinsichtlich der Verwendung unterschiedlichen Baumaterials, struktureller oder sonstiger Details, der verschiedenen Gefahrenkategorien vom hohen Schornstein bis zur Kernkraftanlage. Viele Ratschläge finden sich bei uns etwa in der DIN-Vorschrift 4149.66. Trotzdem wird immer wieder Klage erhoben, wie wenig diese Vorschriften oft katastrophale Verluste bei Starkbeben verhindern konnten. Das aber führt uns zum dritten Punkt, zum Verhalten der Öffentlichkeit und zum Verhalten des einzelnen.

Naturkatastrophen

Erdbeben und Vulkanausbrüche gehören zunächst ganz allgemein zu den Naturgeschehnissen. Sie können reell zu Naturereignissen werden. Man spricht aber erst dann von Naturkatastrophen, wenn diese Ereignisse schwerwiegende Folgen für den Menschen, sein Leben oder sein Hab und Gut und seine Umwelt haben. Ein Erdbeben oder ein Vulkanausbruch in einer unbesiedelten Vollwüste wird daher – auch wenn es noch so stark sein sollte – nicht unbedingt zu einer Katastrophe werden. Es sei denn, dass dadurch eine seismische Flutwelle ausgelöst wird oder Flugzeuge in vulkanische Staubwolken geraten.

Die Verwundbarkeit durch eine Katastrophe hängt von der Besiedlungsdichte, auch von der Dichte der Fabrikanlagen oder Verkehrseinrichtungen ab. Diesen Fragen geht neuerdings die »Hazardforschung« nach. Hazard ist eine Zwitterbezeichnung aus dem Englischen, die sich auch bei uns eingebürgert hat, wahrscheinlich, weil sie so flexibel ist. Hazard kann »Gefahr, Wagemut, Risiko, Zufall, Wetterlaune«, beim Golfen auch »Hindernis« bedeuten. Ein Hasardeur setzt etwas auf Spiel. Ein Unterton von Risiko ist immer dabei.

Dem »natural hazard«, sei er endogen oder exogen, stellt man den »man made hazard«, den anthropogenen, etwa den technologischen gegenüber. Doch in den letzten Jahrzehnten ist der Mensch selbst zu einem geologischen Faktor geworden. Er kann beispielsweise durch das Auffüllen von Staubecken oder die Ausbeutung von Erdölfeldern Erdbeben auslösen. Es gibt sogar Stimmen, die meinen, daß das Erdbeben von Kobe im Januar 1995 durch die umfangreichen Auffüllungen zum neuen Internationalen Flughafen in der Bucht von Osaka ausgelöst worden sein könnte. Das ist jedoch unwahrscheinlich und müßte noch genauer belegt werden.

Katastrophen begleiten die Menschheit durch ihre ganze Geschichte, wenn auch direkte Hinweise aus früher Zeit nur spärlich überliefert worden sind. Ein biblisches Beispiel stammt aus dem 114. Psalm. Er beschreibt ein Erdbeben beim Auszug aus Ägypten vor 3000 Jahren:
» Das Meer sah es und floh.
Der Jordan wich zurück.
Die Berge hüpften wie Widder,

Die Hügel wie Lämmer … Vor dem Anblick deines Gebieters beben wir, Erde, vor dem Anblick des Gottes Jakobs! Er wandelt den Felsen zum Teich, Kieselgestein zum Wasserquell.«